Einleitung

0 - Einleitung, Motivation und Dank

Motivation diese Zuchtanleitung zu schreiben


Ich bin kein Experte in Fischzucht und habe erst begonnen meine ersten Schritte zu unternehmen, warum schreibe ich denn schon eine Anleitung? Vielleicht ist der Titel "Zuchtanleitung" etwas hoch gegriffen und sollte eher "Zuchterfahrungen" lauten. Ich schreibe im Rahmen meiner wöchentlichen und manchmal täglichen Blog-Einträge ja oft über meine Versuche Plankton oder Fischlarven aufzuziehen. Ich bin auch schon von Lesern angegangen worden, welche von mir Tipps wollten, wie sie denn Phyto- oder Zooplankton kultivieren sollen. Es gäbe zwar jede Menge Anleitungen auf dem Internet zu finden aber diese würden sich teilweise widersprechen und seien auch nicht vollständig. Anstelle nun per eMail einzelnen Lesern Tipps zu geben oder zu erläutern wie und warum ich etwas so und nicht anders mache, habe ich beschlossen, spezifisch zum Thema Zucht meine Erfahrungen an einem zentralen Ort öffentlich niederzuschreiben. Als Anfänger habe ich auch den Vorteil, dass ich weiss, wie schwer der Einstieg ist und vielleicht auch besser auf die Schwierigkeiten eingehen kann, als ein langjähriger Experte dem die Handgriffe schon längst in Fleisch und Blut übergegangen sind. Ich recherchiere selber sehr viel zum Thema im Internet und habe viele interessante und sehr gute Artikel gelesen. Bis heute habe ich allerdings kein Traktat gefunden, welches die gesamte Kette von der Kultur von Phytoplankton über Zooplankton, über Artemiabrut und Aufzucht von Fischlarven beschreibt. Meine Anleitung mag vielleicht nicht so sehr in die Details gehen, dafür aber bekommt der Leser alles was er braucht an einem Ort und aus einem Guss. Ich wünsche viel Spass beim Lesen und viel Erfolg bei der Fischzucht!

Warum wollen wir überhaupt Fische züchten?



Weil es schwierig ist


Die meisten Menschen suchen Herausforderungen in dem was sie machen. Manche joggen und wollen schneller werden oder weitere Strecken schaffen, manche machen Musik und wollen schwerere Partituren meistern oder vor grösserem Publikum auftreten. Was sind nun die spezifischen Herausforderungen der Aquaristik? Das Becken läuft, neue Fische können oder wollen wir nicht einsetzen, unsere Korallen gedeihen und wir müssen diese regelmässig ausdünnen um Platz für weiteres Wachstum zu schaffen. In dieser Situation kann die Nachzucht von Fischen (oder auch anderen Tieren aus unserem Becken) eine neue Herausforderung sein, an der wir wachsen und uns messen können. Nachzucht von Fischen ist die ultimative Herausforderung (insbesondere aber nicht nur) der Meerwasseraquaristik!

Weil es Freude macht


Neues Leben entsteht, es wächst heran, es verändert sich und der Tod ist ständiger Begleiter dieser Entwicklung. Das Nachzüchten von Meerwasserfischen ist enorm spannend und bereichernd. Anfänglich werden wir jeden Morgen aufwachen und unser erster Gedanken wird sein: "Wie geht es meinen Fischlarven?" Noch vor dem Morgenkaffee (oder sogar anstelle des Morgenkaffees) werden wir in unseren Keller oder Zuchtraum steigen und bang einen ersten Blick ins Aufzuchtbecken werfen. Entspannt stellen wir fest, dass alles in Ordnung ist und die Larven wieder einen Tag in ihrem Leben geschafft haben. Durch unsere sorgsame Pflege und Fütterung entwickeln sich diese kleine Wesen und werden irgendwann zu ausgewachsenen Fischen: Kann sich jemand etwas befriedigenderes vorstellen als dies hautnah in unserem Hobbyraum mitzuerleben?

Weil es die Zukunft unseres Hobbys ist


Als ich ein Kind war, hielt eine Garage in Brugg zwei ausgewachsene Jaguare in einem Käfig neben ihrem Parkplatz. Auch kann ich mich gut erinnern, wie ein Restaurant in Winterthur-Töss einen kleinen Affen in einem Käfig an der Schlosstalstrasse hielt. Aus heutiger Sicht wäre so eine Art der Tierhaltung undenkbar und dabei liegt dies doch erst 40 Jahre zurück. "Fische empfinden keine Schmerzen, denn sie haben ja kein Nervensystem" war früher landläufige Meinung. Dass wir heute Stücke aus Korallenriffen brechen und Fische mit Gift betäuben um diese dann auf tagelange Flugreisen zu schicken damit ein Bruchteil davon lebend in unseren Wohnzimmern landet, wird ebenso in Zukunft einem Wandel unterliegen, wie die vorhin genannten Beispiele. Entweder schafft es die Aquaristik sich auf eine Basis zu stellen, in welcher auf Wildfänge vollständig verzichtet wird oder es wird in absehbarer Zeit keine Aquaristik (insbesondere keine Meerwasseraquaristik) mehr geben. Des weiteren sind Tiere, welche sich in Gefangenschaft fortpflanzen, auch ein Gradmesser dafür, dass wir ihnen Lebensumstände geschaffen haben, welches demjenigen in der freien Wildbahn nicht wesentlich nachsteht.

Dank


Bevor ich selber begonnen habe Fische zu züchten, dachte ich Züchter seien ein eingeschworener Haufen von Geheimniskrämern, welche sich in passwortgeschützten Foren gegenseitig vielleicht mal den einen oder anderen Tipp geben aber nie zu viel, damit der andere einem nicht das Wasser abgräbt beim hochlukrativen Verkauf von Jungfischen. Als ich mich dann begann intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen, habe ich etwas völlig anderes angetroffen: Nette Kollegen, die hilfsbereit mit Rede, Tipps, Tat, Zuchtansätzen, Material und Larven einem Anfänger unter die Arme greifen. Allen voran gilt mein Dank Markus Johannes Bühler genannt "Fischerjoe" aus Rorschach, der auf jede meiner Fragen eine Antwort weiss und mir stets mit detaillierten Tipps zur Seite steht. Bedanken möchte ich mich auch bei Philippe Rudolf von Rohr alias "Voni" aus Steckborn, der mir gezeigt hat wie man Larven fängt und mir meine ersten Larven geschenkt hat. Aus diesem ersten Wurf hat Amphiprion Ocellaris "Rocky Balboa" bis zum 28. Tag überlebt, als er leider bei 11mm Grösse plötzlich und ohne für mich erkennbaren Grund, starb. Meine persönliche Zielsetzung, aus diesem ersten Wurf vielleicht eine Larve 2 oder 3 Tage am Leben zu erhalten zu können, habe ich mit Rocky Balboa weit übertroffen.

Der grösste Dank geht an meine Freundin Anita die meine Aufmerksamkeit und Zeit mit Fischlarven teilen muss, wenn ich mal wieder mit den Worten: "Ich gehe meine Babies wickeln", im Keller verschwinde.


August 2015