Wie kann man Züchten lernen?

Wie kann man eigentlich Züchten lernen? Im Prinzip ist das ja nichts anderes, als früher, als wir in der Schule sassen und der Lehrer oder die Lehrerin uns etwas über Primzahlen, den Subjunctive (weiss noch jemand wie der geht???) oder über den Felgenaufzug auf der Reckstange erzählte. In einer ersten Phase eignen wir uns Wissen an, dies kann über eine Lehrperson, ein Buch, eine Zuchtanleitung oder einen Kollegen erfolgen, der uns zeigt wie er erfolgreich Fischlarven abschöpft oder Plankton kultiviert. Nun geht es daran, dass wir selber zu üben beginnen: Wir versuchen das Gelernte anzuwenden, werden plötzlich feststellen, dass es doch nicht so einfach ist wie es aussah als es der Turnlehrer vormachte, wir machen Fehler und haben vielleicht aber auch erste Erfolge. Nun verfeinern wir unsere Methoden, probieren verschiedene Alternativen aus, werden mutiger, machen neue Fehler und haben hoffentlich weitere Erfolgserlebnisse. Nun kommt das Wichtigste: Wir müssen Feedback bekommen über das was wir tun und diese Rückmeldung entsprechend verarbeiten und umsetzen. Hier kommt nun die Schwierigkeit: Wie soll ich lernen Fische zu züchten, wenn ich nun alle paar Monate Larven habe? Der Feedback-Loop zwischen Erfolg/Misserfolg und der Umsetzung ist viel zu lange und bis wir wieder soweit sind, haben wir schon vergessen was gut funktioniert hat und was zu einem Fehlschlag führte.

Mir ging es ähnlich mit der Unterwasserfotografie. Wie ich nach der Ausbildung und ein paar Dutzend Tauchgängen meine taucharischen Fähigkeiten auf einen akzeptablen Stand gebracht habe, wollte ich natürlich auch mal tolle Unterwasserfotos nach oben bringen. Also habe ich mir eine Unterwasser Analogkamera (es war eine zu damaliger Zeit spitzenmässige Nikonos) gemietet und damit munter Unterwasserbilder gemacht. Nach dem Urlaub habe ich voller Vorfreude die Bilder entwickeln lassen und als ich dann eine Woche später die Ausbeute in den Händen hielt, folgte auf Begeisterung nun Ernüchterung: Die Hälfte der Bilder war unscharf, falsch belichtet, verwackelt und sonst wie technisch unzulänglich und die andere Hälfte zeigte Reste von Schwanzflossen, leere Löcher wo vor kurzem noch Fische hervorlugten und Unterwasserlandschaften, die auch hätten vom Mond oder Mars stammen können. Bis nun aber ein Jahr später der nächste Tauchurlaub anstand, hatte ich natürlich schon längstens vergessen, was ich alles falsch gemacht habe und dementsprechend fielen auch im Folgejahr die Resultate aus. Erst viele Jahre später, als Digitalkameras immer besser und erschwinglicher wurden, habe ich mir ein Gehäuse gekauft und ging nun mit der Digitalkamera unter Wasser. Da ich nun nach jeder Aufnahme das Resultat direkt auf dem Monitor sah und später auf dem Tauschschiff auch gross am PC betrachten konnte, begann ich auf der Lernkurve zu steigen und langsam einigermassen brauchbare Resultate hervorzubringen.

Genau dieselbe Schwierigkeit hat ein Fisch oder Garnelenzüchter: Wir brauchen einen kontinuierlichen Nachschub an Larven um eine rasche Rückmeldung zu erhalten was gut funktioniert und was halt eben nicht funktioniert. Mit den Wurdemanni-Larven bin ich nun so weit, dass ich etwa alle 3 Tage frische Larven zum Abschöpfen habe. Ich versuche nun die Larven in verschiedenen Behältern (Rechteckige Becken, Kreiselbecken oder heute auch in einer hohen IKEA-Vase) aufzuziehen und schaue, wo ich die meisten Larven durchbringe. Ich habe jetzt auch die Kapazität um wenig aussichtsreiche Varianten zu versuchen, wie z.B. PVC-Rohre im Becken um zu sehen, ob sich Larven allenfalls darin oder darauf zum Schutz zurückziehen. Leider ist es nun so, dass dies eine gewisse Menge an Technik voraussetzt um parallel nebeneinander verschiedene Optionen auszuprobieren. Würde ich diese Aufzuchtvarianten nämlich nacheinander machen, dann wüsste ich nicht, ob ein Erfolg/Misserfolg allenfalls auch durch Veränderungen im Futter, der bakteriellen Belastung oder sonstigen Einflussfaktoren hervorgerufen würden.

Leider habe ich derzeit keine Amphiprion-Zuchtpaare, welche laichen würden. Das Paar im Becken hat nach Jahren regelmässigen Laichens das Projekt Nachwuchs zu erzeugen, aufgegeben und die zwei Zuchtpaare im Keller sind wohl noch nicht geschlechtsreif. Darum bin ich derzeit auf Larven angewiesen, die ich von anderen Meerwasseraquarianern bekomme. Wenn also jemand über Nemos verfügt, die laichen, bin ich dankbarer Abnehmer von Larven!

Derzeit bin ich daran das Buch "The Complete Illustrated Breeders' Guide to Marine Aquarium Fishes" zu lesen. Das Buch ist gut geschrieben und spannend zu lesen, ich verschlinge die Information da drin förmlich. Leider ist das Buch auf Englisch und obschon ich der Sprache einigermassen mächtig bin, muss ich dauernd Vokabular nachschlagen, das mir die Züchter-Begriffe auf Englisch einfach nicht geläufig ist wie: spawn (laichen), broodstock (Brutbestand), livebearers (Lebensgebärende) etc.


Zwei Aufzuchttanks für Wurdemanni-Larven: Gleiches Wasser, etwas andere Strömung und im Becken links ein Versteck aus PVC-Röhren


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Zwei Kreisel Tanks mit unterschiedlicher Strömungsstärke


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Eine Wurdemanni-Larve nach einer Woche


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Wurdemanni-Larven nach 3 Wochen


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Mein Ocellaris-Zuchtpaar, welches allerdings noch nicht laicht


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Die Putzergarnelen tragen Eier, aber die Aufzucht der Larven sei extrem schwierig; hierfür muss ich also erst an den einfacheren Wurdemanni-Larven lernen


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Das Nemo Teenagerbecken


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Das Picasso-Zuchtpaar denkt im Moment auch noch nicht daran für die Arterhaltung zu sorgen


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