Ist es lauter mit Dorie für Aquarien zu werben?
13/10/16 18:38
(Anmerkung zum Titel: Ich musste 51 Jahre warten, bis es mir endlich vergönnt war den Begriff "lauter" in der alternativen Bedeutung des üblichen "Schatz, stellst du bitte den Fernseher lauter!" zu verwenden, also lasst mir bitte die Freude.)
Am Samstag war ich mit meinen Kindern im Kino und wir haben uns "Findet Dorie" angesehen. Als Meerwasseraquarianer und Fan von "Findet Nemo", liess ich mir dies natürlich nicht entgehen. Ehrlich gesagt, fand ich den Film nicht sonderlich gut: Er fällt qualitativ deutlich hinter dem ersten Teil ab. Den Spannungsbogen, den "Findet Nemo" mit den regelmässigen Wechseln der Erzählung aus dem Aquarium in der Zahnarztpraxis und den Abenteuern von Marlin und Dorie im Ozean aufgebaut hat, haben die Macher des Sequels leider nicht hinbekommen. Sehenswert ist der Film für Meerwasseraquarianer aber dennoch, wenn auch meine vordringlichere Filmempfehlung "Snowden" lautet, den meine Kinder und ich uns dann am Sonntag auch noch geschaut haben. Von "Snowden" sind wir alle Drei unisono begeistert, was aufgrund von Alters- und Geschlechtsunterschieden sonst eher selten der Fall ist. Dass elektronische Kommunikation jederzeit überwacht werden kann und auch wird, war meinen Kindern bis dato wohl nicht bewusst. Ich konnte es dann aber bei der anschliessenden Filmbesprechung auf der Heimfahrt natürlich nicht lassen, meine Kinder aufzuziehen mit: "Wäre ich Oliver Stone, wäre ich weniger dokumentarisch vorgegangen und hätte den kleinen Snowden durch das Riff irren lassen auf der Suche nach seinen Eltern….!"
Nun aber zum eigentlichen Thema, welches ein ernstes ist: Schon länger wird in den verschiedenen Meerwasserforen über den schädlichen Einfluss des Filmes auf die Aquarienindustrie und unser Hobby diskutiert. Ich habe mich immer aus solchen Diskussionen rausgehalten, da ich mich nicht gerne mit fundamentalistischen Tierschützern auseinandersetze. Bei solchen Diskussion verliert man sowieso immer, denn die zündenden Argumente liegen, so muss ich zugeben, meist bei der Gegenseite. Ausserdem driftet die Diskussion dann meist rasch weg in Richtung Tierfabriken und Vegetarismus und ich lasse mir halt ungern auf meinen Teller Wiener Schnitzel spucken. Meine Haltung in Sachen Dory-Film und Einfluss auf die Aquaristik ist, dass hier der Fachhandel seinen Job schon richtig machen wird und die potentiellen "Meine-Kinder-hätten-gerne-eine-Dorie"-Kunden sanft aber zielstrebig von ihrem Vorhaben abbringen oder in Richtung Süsswasseraquarium mit ein paar Neons und Guppys umpolen werden.
Was aber, wenn nun ein Hersteller gezielt mit dem Film Werbung macht? Tetra hat offenbar einen ordentlichen Batzen Geld über den Ozean zu Pixar geschickt und darf nun wohl als einziger Aquaristikproduktehersteller mit dem Film Werbung machen. Grundsätzlich finde ich das nicht per se moralisch verwerflich. Sportartikelhersteller dürfen ja auch mit Fussball-WMs oder Olympischen Spielen Werbung machen und das stört ja auch keinen. Kein vernünftiger Mensch wird nun aufgrund eines Schweini-Konterfeis auf einem Fussballschuh ernsthaft annehmen, dass er nach Erwerb ebendieses Produktes werde kicken können wie ein Profi-Fussballer. Für mich ist es darum entscheidend, wie nun der Film als Werbemittel eingesetzt wird: Ist der Verweis auf den Film ein Aufhänger um generell auf die Produkte des Herstellers hinzuweisen oder wird suggeriert, dass man sich als Anfänger einen Palettdoktorfisch zulegen soll?
Ich bin überzeugt, dass sich die Marketingabteilung von Tetra die Sache gut überlegt hat. Es werden ja alles Profis am Werk sein und die Thematik kam ja auch schon beim Teil 1 des Filmes auf. Kein Hersteller will sich der Schmach eines Shitstorms auf den Sozialen Medien aussetzen und darum werden die Marketing-Jungs und Mädel von Tetra hier besondere Sorgfalt an den Tag gelegt haben. Allerdings finde ich, dass der Eiertanz nicht sonderlich gut geglückt ist und zwar aus 3 Gründen, welche ich im Folgenden erläutern werde:
- auf der Schachtel lese ich "Finding Dory Starter Line Aquarium" oder wenn man nur die grossen Buchstaben liest "Dory Aquarium"; hier wird doch suggeriert, dass es sich beim Produkt um ein Aquarium handelt, welches speziell für die Haltung von Dory geeignet sei. Damit wird jetzt der beratende Verkäufer in eine Defensivposition gedrängt, in welcher er/sie einem Kunden erklären muss, dass ein solches Aquarium für die Haltung eines Palettdoktors nicht geeignet ist. Der Fachhändler wird durch diese Werbung nun in die Rolle des Spielverderbers gedrängt, der die bewusst falsch geweckte Emotion nun wieder relativieren muss.
- Auf der Webseite findet sich in grosser Schrift der Satz: "Wählen Sie Ihre Haustiere mit Bedacht aus. Wenn Sie sich für Süßwasserfische entscheiden, helfen Sie dabei, dass freilebende Meerwasserfische in ihren Familien zusammenbleiben können." Obschon inhaltlich korrekt, wird hier generell von Meerwasseraquaristik abgeraten, was ich in diesem Zusammenhang nicht korrekt finde. Hier hätte doch eigentlich der Hinweis kommen sollen, dass das angepriesene Becken für Meerwasser und insbesondere die Haltung von Palettdoktoren ungeeignet ist. Diese Aussage wollte Tetra nun offenbar so nicht machen und spielt somit subtil mit dem Ausdruck "Süsswasserfische" und "Meerwasserfische". Ob es einem der Aquaristik Unkundigem der Sachverhalt "Dory gleich Meerfisch ungleich Süsswasserfisch" zwingend erschliesst, wage ich zu bezweifeln. Aus meiner Sicht wäre hier ein klarer Hinweis in der Art "Das angebotene Becken eignet sich nicht für Dory." die bessere Wahl gewesen; nämlich klar, einfach und unmissverständlich.
- Auf der Webseite ist dann ein Button mit Aufschrift "OFFIZIELLES STATEMENT" angebracht. Hinter dem Button versteckt sich ein unformatiertes PDF-Dokument, welches dann die entsprechenden Angaben zur Haltung von Doktorfischen macht. Obschon die Information im Dokument durchaus korrekt ist, finde ich das Vorgehen auch hier nicht korrekt. Mit der Beschriftung "Offizielles Statement" distanziert sich der Anbieter subtil von den darin gemachten Aussagen. Wenn es ein offizielles Statement gibt, dann gibt es unterschwellig ja auch ein inoffizielles Statement und dieses wird dann wohl lauten: "Klaro, schmeiss rein' deine Dorie in unser 54 Liter Becken!". Der Hinweis hinter dem Button als eigenständiges Dokument ohne Logo und Formatierung erinnert an das Kleingedruckte von Verträgen, wo es dem Konsumenten bewusst schwer gemacht wird, den Inhalt zu erfassen.
Aus obigen 3 Gründen komme ich zum Schluss, dass sich die Werbung, welche Tetra mit dem Film "Findet Dorie" macht, sehr hart an der moralisch vertretbaren Grenze bewegt. Aus meiner Sicht erweist sich Tetra hier einen Bärendienst in Bezug auf Arten- und Riffschutz. Um bestehende, sachkundige Kunden nicht zu verärgern, sollte die Marketing-Abteilung von Tetra hier dringend nachbessern.
Am Samstag war ich mit meinen Kindern im Kino und wir haben uns "Findet Dorie" angesehen. Als Meerwasseraquarianer und Fan von "Findet Nemo", liess ich mir dies natürlich nicht entgehen. Ehrlich gesagt, fand ich den Film nicht sonderlich gut: Er fällt qualitativ deutlich hinter dem ersten Teil ab. Den Spannungsbogen, den "Findet Nemo" mit den regelmässigen Wechseln der Erzählung aus dem Aquarium in der Zahnarztpraxis und den Abenteuern von Marlin und Dorie im Ozean aufgebaut hat, haben die Macher des Sequels leider nicht hinbekommen. Sehenswert ist der Film für Meerwasseraquarianer aber dennoch, wenn auch meine vordringlichere Filmempfehlung "Snowden" lautet, den meine Kinder und ich uns dann am Sonntag auch noch geschaut haben. Von "Snowden" sind wir alle Drei unisono begeistert, was aufgrund von Alters- und Geschlechtsunterschieden sonst eher selten der Fall ist. Dass elektronische Kommunikation jederzeit überwacht werden kann und auch wird, war meinen Kindern bis dato wohl nicht bewusst. Ich konnte es dann aber bei der anschliessenden Filmbesprechung auf der Heimfahrt natürlich nicht lassen, meine Kinder aufzuziehen mit: "Wäre ich Oliver Stone, wäre ich weniger dokumentarisch vorgegangen und hätte den kleinen Snowden durch das Riff irren lassen auf der Suche nach seinen Eltern….!"
Nun aber zum eigentlichen Thema, welches ein ernstes ist: Schon länger wird in den verschiedenen Meerwasserforen über den schädlichen Einfluss des Filmes auf die Aquarienindustrie und unser Hobby diskutiert. Ich habe mich immer aus solchen Diskussionen rausgehalten, da ich mich nicht gerne mit fundamentalistischen Tierschützern auseinandersetze. Bei solchen Diskussion verliert man sowieso immer, denn die zündenden Argumente liegen, so muss ich zugeben, meist bei der Gegenseite. Ausserdem driftet die Diskussion dann meist rasch weg in Richtung Tierfabriken und Vegetarismus und ich lasse mir halt ungern auf meinen Teller Wiener Schnitzel spucken. Meine Haltung in Sachen Dory-Film und Einfluss auf die Aquaristik ist, dass hier der Fachhandel seinen Job schon richtig machen wird und die potentiellen "Meine-Kinder-hätten-gerne-eine-Dorie"-Kunden sanft aber zielstrebig von ihrem Vorhaben abbringen oder in Richtung Süsswasseraquarium mit ein paar Neons und Guppys umpolen werden.
Was aber, wenn nun ein Hersteller gezielt mit dem Film Werbung macht? Tetra hat offenbar einen ordentlichen Batzen Geld über den Ozean zu Pixar geschickt und darf nun wohl als einziger Aquaristikproduktehersteller mit dem Film Werbung machen. Grundsätzlich finde ich das nicht per se moralisch verwerflich. Sportartikelhersteller dürfen ja auch mit Fussball-WMs oder Olympischen Spielen Werbung machen und das stört ja auch keinen. Kein vernünftiger Mensch wird nun aufgrund eines Schweini-Konterfeis auf einem Fussballschuh ernsthaft annehmen, dass er nach Erwerb ebendieses Produktes werde kicken können wie ein Profi-Fussballer. Für mich ist es darum entscheidend, wie nun der Film als Werbemittel eingesetzt wird: Ist der Verweis auf den Film ein Aufhänger um generell auf die Produkte des Herstellers hinzuweisen oder wird suggeriert, dass man sich als Anfänger einen Palettdoktorfisch zulegen soll?
Ich bin überzeugt, dass sich die Marketingabteilung von Tetra die Sache gut überlegt hat. Es werden ja alles Profis am Werk sein und die Thematik kam ja auch schon beim Teil 1 des Filmes auf. Kein Hersteller will sich der Schmach eines Shitstorms auf den Sozialen Medien aussetzen und darum werden die Marketing-Jungs und Mädel von Tetra hier besondere Sorgfalt an den Tag gelegt haben. Allerdings finde ich, dass der Eiertanz nicht sonderlich gut geglückt ist und zwar aus 3 Gründen, welche ich im Folgenden erläutern werde:
- auf der Schachtel lese ich "Finding Dory Starter Line Aquarium" oder wenn man nur die grossen Buchstaben liest "Dory Aquarium"; hier wird doch suggeriert, dass es sich beim Produkt um ein Aquarium handelt, welches speziell für die Haltung von Dory geeignet sei. Damit wird jetzt der beratende Verkäufer in eine Defensivposition gedrängt, in welcher er/sie einem Kunden erklären muss, dass ein solches Aquarium für die Haltung eines Palettdoktors nicht geeignet ist. Der Fachhändler wird durch diese Werbung nun in die Rolle des Spielverderbers gedrängt, der die bewusst falsch geweckte Emotion nun wieder relativieren muss.
- Auf der Webseite findet sich in grosser Schrift der Satz: "Wählen Sie Ihre Haustiere mit Bedacht aus. Wenn Sie sich für Süßwasserfische entscheiden, helfen Sie dabei, dass freilebende Meerwasserfische in ihren Familien zusammenbleiben können." Obschon inhaltlich korrekt, wird hier generell von Meerwasseraquaristik abgeraten, was ich in diesem Zusammenhang nicht korrekt finde. Hier hätte doch eigentlich der Hinweis kommen sollen, dass das angepriesene Becken für Meerwasser und insbesondere die Haltung von Palettdoktoren ungeeignet ist. Diese Aussage wollte Tetra nun offenbar so nicht machen und spielt somit subtil mit dem Ausdruck "Süsswasserfische" und "Meerwasserfische". Ob es einem der Aquaristik Unkundigem der Sachverhalt "Dory gleich Meerfisch ungleich Süsswasserfisch" zwingend erschliesst, wage ich zu bezweifeln. Aus meiner Sicht wäre hier ein klarer Hinweis in der Art "Das angebotene Becken eignet sich nicht für Dory." die bessere Wahl gewesen; nämlich klar, einfach und unmissverständlich.
- Auf der Webseite ist dann ein Button mit Aufschrift "OFFIZIELLES STATEMENT" angebracht. Hinter dem Button versteckt sich ein unformatiertes PDF-Dokument, welches dann die entsprechenden Angaben zur Haltung von Doktorfischen macht. Obschon die Information im Dokument durchaus korrekt ist, finde ich das Vorgehen auch hier nicht korrekt. Mit der Beschriftung "Offizielles Statement" distanziert sich der Anbieter subtil von den darin gemachten Aussagen. Wenn es ein offizielles Statement gibt, dann gibt es unterschwellig ja auch ein inoffizielles Statement und dieses wird dann wohl lauten: "Klaro, schmeiss rein' deine Dorie in unser 54 Liter Becken!". Der Hinweis hinter dem Button als eigenständiges Dokument ohne Logo und Formatierung erinnert an das Kleingedruckte von Verträgen, wo es dem Konsumenten bewusst schwer gemacht wird, den Inhalt zu erfassen.
Aus obigen 3 Gründen komme ich zum Schluss, dass sich die Werbung, welche Tetra mit dem Film "Findet Dorie" macht, sehr hart an der moralisch vertretbaren Grenze bewegt. Aus meiner Sicht erweist sich Tetra hier einen Bärendienst in Bezug auf Arten- und Riffschutz. Um bestehende, sachkundige Kunden nicht zu verärgern, sollte die Marketing-Abteilung von Tetra hier dringend nachbessern.