Die Killerfrage auf Facebook und etwas Montagearbeit

Erst mal zum angenehmen Teil: Ich raffe mich später am Abend noch vom Sofa auf, gehe in den Keller und montiere die Wandhalterung für den Tunze Water Level Controller. Ich muss die Konstruktion noch leicht überarbeiten, da Tunze bei den neueren Controllern die Lage des Stromanschlusses versetzt hat. Einmal mehr bin ich froh, dass ich auf 3D Drucker produziere und nun nicht kistenweise Spritzgussteile in den Müll werfen muss. Ich bin zwar langsamer und teurer in der Produktion, aber dafür kann ich flexibel auf Änderungen reagieren und meine Produkte permanent weiterentwickeln.
Des weiteren habe ich heute Abend eine verkleinerte Version des Sea Urchins gemacht, welche ich in den Kreiseltank mit den 4 Kaudernis setze: Ich bin gespannt, ob die 4 Schaffhauser das neue Teil akzeptieren werden.

Jetzt aber zum etwas unangenehmeren Teil: Ist euch eigentlich auch schon aufgefallen, dass im Facebook, immer, wenn jemand hilfesuchend sein aquaristisches Problem schildert ("Hilfe, meine Korallen bleichen aus!", "Hilfe, das Wasser ist so trüb", "Hilfe, mein Zwergkaiser hat sich grad übergeben und schwimmt jetzt mit Schlagseite!") fast schon reflexartig jemand die Antwort hinbellt: "Poste erst mal deine Wasserwerte!". Ich gebe zu, oft ist die Frage nach den Wasserwerten berechtigt, denn aufgrund der Antwort kann man rasch auf die aquaristische Erfahrung des Fragenden schliessen:

  • Anfänger Stufe 1: "Keine Ahnung, ich habe keine Tests"
  • Anfänger Stufe 2: "Der Händler hat gesagt, mein Wasser sei top"
  • Anfänger Stufe 3: "ist alles im grünen Bereich"
  • Anfänger Stufe 4: "Wasserwerte sind alle im Normbereich - mit Salifert gemessen"
  • Anfänger Stufe 5: "Nitrit 0, Nitrat 0, Phosphat 0, Silikat 0 …
  • Anfänger Stufe 6: "Nitrat 0.05 und Phosphat 15"
  • Anfänger Stufe 7: Hier der Link zu meiner letzten ICP-OES Analyse…
  • Fortgeschrittener: (der hätte die Frage schon gar nicht gestellt)

Ich gebe zu, das aquaristische Beratungsbusiness ist hart: Jahrein, jahraus die selben Fragen:
  • "ist das eine Glasrose?" (in 99% der Fälle lautet die Antwort: Ja, Anschlussfrage: "Was muss ich jetzt machen?", Zusatzantwort: "Kill it with Fire!"/"Nuke it from Orbit!")
  • "Da kriecht was aus meinem Lebendstein, gut oder böse? Sorry, aber die Aufnahme ist unscharf, verwackelt und unterbelichtet, habe nur ein altes Handy und das ist mir gestern ins Klo gefallen"
  • "Ich habe mir SPS gekauft, superschöne, superheikle Sorten und erst war alles gut und jetzt bleichen sie alle aus, was könnte das sein?"
  • "Das Wasser in meinem Aquarium ist trüb und stinkt, das Becken läuft seit letzter Woche aber der Händler hat gesagt ich solle gleich voll besetzen"
  • "Hallo - ich habe mir ein Aquarium gekauft, was im Keller einer Hühnerfarm unter einem Haufen Gerümpel lag. Ich habe 2 Stunden lang Guano von den Scheiben gekratzt und das Becken befüllt, jetzt löst sich der Silikon und es läuft Wasser raus, kann ich da normalen Bausilikon nehmen?"
  • "Hallo Leute! Ich möchte mit Meerwasseraquarium anfangen. Habe da in der Bucht ein Aqua Medic Reefer 2000 Futura Maximus gesehen. Taugt das Becken was und was kostet mich das ganze? Brauche ich eine Strömungspumpe oder geht das ganze auch ohne so Zeugs"
  • "Ich habe einen Brabble Magirus XT-1515 RJF / eine LED Jumbo-Jebao-Jalapeno, wie stelle ich den richtig ein, der schäumt nämlich gar nicht / die Mondlichtsimulation ist zu blau geht das auch mehr so violett?"

Natürlich nervt das mit der Zeit, dass die Leute anstatt sich ein Buch zu kaufen oder ihre Frage mal in Google einzugeben, einfach mal ins Facebook rausposaunen im Sinne von: "Hey, ich bin auch da, helft mir aber dalli-dalli, denn in 2 Minuten habe ich die Antwort woanders auch selber gefunden!".

Aus meiner Sicht erleben wir derzeit grad die 3. Evolution, wie man sich zu aquaristischen Themen schlau macht:

  • Informationsbeschaffung V1: Man liess sich beraten vom Händler, wo man sich mit Fischen, Korallen und aquaristischem Zubehörs eingedeckt hat. Des weiteren las man in Büchern und war in einem Aquarienverein. Beim Stammtisch konnte man sich dann bei den alten Hasen die benötigte Information einholen. Der Händler versuchte einen natürlich über den Tisch zu ziehen und seine überteuerten Ladenhüter loszuwerden. Die Informationen in Büchern war völlig veraltet und da darin keine Produktetests stehen, sind Bücher völlig praxisfremd. An die Experten am Stammtisch kam man als Anfänger nie ran, den die sassen immer ganz am Ende des Tisches und diskutierten lieber unter ihresgleichen als sich von Anfängern Löcher in den Bauch fragen zu lassen.
  • Informationsbeschaffung V2: Das Internet wurde populär und die Foren kamen auf. In den Foren herrschte eine gewisse Hackordnung und die Administratoren sorgten für einen mehr oder weniger passenden Umgangston und schritten ein bei groben Beleidigungen und löschten konsequent ausländerfeindlichen und sexistischen Klumpatsch. Um in der Forenhierarchie aufzusteigen, musste man sich mit vielen intelligenten Posts einen Namen als Experte machen und Leute, die im Sinne von "Quantität vor Qualität" einfach zu allem und jedem ihren Senf gaben ohne etwas Nützliches beizutragen, waren bald geächtet, wurden gemobbt und verschwanden irgendwann wieder so wie sie gekommen waren. Nicht ohne aber zuvor noch ihr zusammenramassiertes aquaristisches Habundgut im Forum "aus beruflichen Gründen" zu verscherbeln.
  • Informationsbeschaffung V3: Foren verlieren zunehmend an Bedeutung und werden ersetzt durch Whatsapp-Gruppenchats und Facebook-Gruppen. Erstere haben den Vorteil, dass wie in Foren die Teilnehmeranzahl überschaubar ist und somit die Leute einen Ruf zu verlieren haben. Weil die Gruppen aus Praktikabilitätsgründen eher klein sind (10-20 aktive Benutzer maximal, ansonsten erstickt man in der Flut der Meldungen) wird eine aktive soziale Kontrolle ausgeübt und so kommt nicht jeder Idiot in die Gruppe rein, aber fliegt bei Fehlverhalten ganz schnell wieder raus. Aus meiner Sicht am schlimmsten ist die Frage- und Beratungsqualität bei Facebook-"Fach"-Gruppen. Da werden im Chat-Stil unausgegorene Fragen ohne Hintergrundinformation gestellt und oft kommt es mir so vor, als sei der Fragende gar nicht echt an einer Antwort interessiert, sondern wollte einfach in einer Phase der Langeweile etwas interaktive Unterhaltung unter Gleichgesinnten konsumieren. Noch schlimmer als die Fragenden, sind aber die "Experten", welche auf die Frage antworten, resp. diese in den meisten Fällen auch nur kommentieren im Sinne von: "Was bist denn du für einer um so eine doofe Frage zu stellen - wart's ab, ich werden deine Doofheit gleich der ganzen Welt outen!"

Ich frage mich, ob wir irgendwann da hin gelangen und einfach im direkten Gespräch (von mir aus kann da ja auch ein technisches Kommunikationsmittel verwendet werden) jemanden ein Problem schildern und um Hilfe oder eine zumindest eine Meinung bitten und sich der Angesprochene dann auch ehrlich Zeit nimmt sich das anzuhören und dann eine Antwort oder einen Rat aus bestem Wissen und Gewissen zu geben. Dies ohne herablassend zu sein, ohne den Fragenden blosszustellen und auch mal die Grösse zu haben zu sagen: "Das weiss ich nicht, da musst du leider jemand anderes fragen".

Ich montiere meine Osmolator-Steuereinheit an der Wand: Die Wandhalterung (Fishgimmicks Wall Mount Tunze Osmolator) gibt es in meinem Webshop


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Vor der Montage merke ich, dass TUNZE bei neueren Controllern den Stromanschluss um einen Zentimeter verschoben hat: Habe darum gleich eine Version gemacht, die universell passt


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Für den Kreiseltank habe ich eine kleinere Version des Fishgimmicks Sea Urchins gemacht


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Mal sehen ob Hansjörgs kleine Kaudernis das neue Spielzeug akzeptieren


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